Alfred Vohrer
Alfred Vohrer
Alfred Vohrer (* 29. Dezember 1914 in Stuttgart; † 3. Februar 1986 in München) war ein deutscher Regisseur, Regie-Assistent, Drehbuchautor und Darsteller.
Vohrer besuchte in seiner Geburtsstadt die Realschule und nahm anschließend Schauspiel- und Gesangsunterricht. Noch in den dreißiger Jahren wurde er Mitglied des Württembergischen Staatstheaters in Stuttgart. Während des Zweiten Weltkrieges wurde Vohrer eingezogen und verlor 1941 in Russland seinen rechten Arm. Noch im Krieg betätigte er sich als Volontär bei der Ufa, wo er bis Kriegsende Harald Braun und Alfred Braun bei deren Regiearbeiten assistierte. In den ersten Nachkriegsjahren war die deutsche Filmindustrie sehr geschwächt, sodass Vohrer zunächst beim Rundfunk arbeitete. 1946 bis 1948 war er Oberspielleiter bei Radio Stuttgart, bis er 1949 wieder zur Filmarbeit zurückkehrte - wenn auch fast unbemerkt und ohne Wissen des Publikums. Er wurde Synchronregisseur bei der MPEA. 1953 trat er mit Josef Wolf in die 1951 gegründete Synchronfirma Ultra-Film GmbH ein. In den folgenden Jahren war Vohrer für die Synchronisation von nahezu eintausend Filmen verantwortlich, darunter zahlreiche Klassiker wie „On The Waterfront“ (Die Faust im Nacken) (USA 1954) oder „The Bridge On The River Kwai“ (Die Brücke am Kwai) (USA 1957).
1956 plante die Ultra-Film ein erstes eigenes Filmprojekt, „Zum Leben verdammt“, dessen Drehbuch von Vohrer stammte. Das Vorhaben wurde allerdings verworfen. 1958 produziert die selbe Filmgesellschaft im Zuge der erfolgreichen Halbstarken- und Jugendproblemfilme den Film „Schmutziger Engel“, mit dem Vohrer sein Regie-Debüt vorlegte. Weitere drei Filme dieses Genres folgten, wobei Vohrers Arbeit besonders bei „Verbrechen nach Schulschluß“ überzeugte. Der Problemfilm „Bis daß das Geld Euch scheidet“ (1960) war durchschnittlicher, der Vohrer aber mit dem Berliner Produzenten Artur Brauner zusammenbrachte.
Für den endgültigen Durchbruch Vohrers war ein ehemaliger Produktionsleiter Brauners verantwortlich, der mittlerweile Produktionschef der deutschen Rialto Film geworden war: Horst Wendlandt. Dieser engagierte Vohrer für den Edgar-Wallace-Film „Die toten Augen von London“ (1961), der sich zum bis dahin größten Erfolg der bereits etablierten Serie entwickelte. Für den ersten Farbfilm der Rialto „Unser Haus in Kamerun“ wurde Vohrer als Regisseur gewählt. 1962 drehte Vohrer zwei Edgar-Wallace-Filme, insgesamt wurden es 14, darunter „Das Gasthaus an der Themse“ (1962), „Der Zinker“ (1963), „Der Hexer“ (1964), „Neues vom Hexer“ (1965) oder „Die blaue Hand“ (1967). Vohrer avancierte zum meistbeschäftigten Regisseur bei Wallace und Rialto.
Auch bei Wendlandts Karl-May-Serie sollte Vohrer federführender Regisseur werden und 1962 „Der Schatz im Silbersee“ inszenieren. Die Constantin-Film, die die Edgar Wallace- und Karl-May-Serie in Auftrag geben, bestand bei letzterer aber auf dem ihrem Vertragsregisseur Harald Reinl, so dass Vohrer erst 1964 die Gelegenheit hatte, mit dem Film „Unter Geiern“ Karl May zu verfilmen; der Film ist actionbetont und entwickelte sich zum größten Auslandserfolg unter allen Karl-May-Verfilmungen. Der zweite May-Film Vohrers, „Old Surehand 1. Teil“, wurde nicht fortgesetzt. „Winnetou und sein Freund Old Firehand“ war schließlich der letzte Karl-May-Film der Rialto. Bis Ende 1968 hatte Vohrer insgesamt 19 Filme für die Rialto gedreht. Zwischenzeitlich hatte er auch für andere Produktionsfirmen gearbeitet. So entstand 1963 der Krimi „Ein Alibi zerbricht“ als österreichische Produktion in Wien. Die Gesellschaftskomödie „Lange Beine - Lange Finger“ entstand 1966 mit hohem Aufwand bei Artur Brauners CCC-Film. Vohrer 1965: „Ob ein Film erfolgreich ist oder nicht, entscheidet sich für meine Begriffe an der Kinokasse - egal ob er künstlerisch wertvoll ist oder ober er künstlerisch nicht wertvoll ist.“
Als das Niveau der Edgar-Wallace-Produktionen Ende der 60er Jahre deutlich sank und der Publikumserfolg nachließ, wechselte Vohrer zur Münchener Roxy-Film unter Luggi Waldleitner. Dort entstand der Krimi „Sieben Tage Frist“, aber auch Sexkomödien wie „Das gelbe Haus am Pinnasberg“ oder „Perrak“. Ab 1970 konnte Vohrer mit sechs Verfilmungen von Romanen von Johannes Mario Simmel an den Erfolg früherer Jahre anknüpfen. Nebenbei entstand die Puschkin-Verfilmung „Und der Regen verwischt jede Spur“ sowie die Erich Kästner-Adaption „Drei Männer im Schnee“.
Aber auch das Fernsehen interressiert sich für Vohrer, der schon seit 1974 für die Serie DERRICK arbeitet. Ab 1977 dreht er außerdem für die Serie DER ALTE, für die er gelegentlich auch Drehbücher beisteuert. Seine Arbeit überzeugt und er zählt bald zu einem der meistbeschäftigsten Regisseuren der beiden Serien. In den 80er Jahren kommen noch zahlreiche Episodenfilme verschiedenster Genres dazu. WEISS-BLAUE GESCHICHTEN mit Gustl Bayrhammer, HESSISCHE GESCHICHTEN mit Günther Strack und KRUMME TOUREN mit Manfred Krug haben hohe Einschaltquoten, so dass das ZDF nicht an Vohrer vorbei kommt, als es die Prestigeserien DAS TRAUMSCHIFF und DIE SCHWARZWALDKLINIK produziert. Daneben ist er weiterhin unentbehrlich, wenn es um DERRICK und DER ALTE geht. Auch Anfang 1986 soll er für letztere wieder hinter der Kamera stehen.
Alfred Vohrer, der seit Mitte der 50er Jahre mit seinem Lebensgefährten Herbert in Berlin Dahlem lebt, stirbt jedoch kurz vor den Dreharbeiten am 03.02.1986 im Hotel Königshof in München an Herzversagen.